Generation "Tomb Raider" - über Feminismus und Zockerweibchen


Ich gehöre zu jener Spielergeneration, die mit dem Original "Tomb Raider" von 1996 aufgewachsen ist. Was mir als damals Elfjährige nicht klar war, wie sehr das Spiel in der Welt der Erwachsenen für Wirbel sorgte.

"Tomb Raider" oder besser gesagt, die Hauptfigur des Spiels, eine junge Grabräuberin ... pardon ... Archäologin namens Lara Croft erhitzte die Gemüter wie es sonst nur böse Ballerspiele wie "DooM" schafften. Doch bevor ich darauf eingehe warum und weshalb ein kurzer Ausflug in die Computerspielhistorie: 1996 brachte Core Design unter dem Label von Eidos ein Spiel mit nicht nur einem völlig neuen Spielprinzip - vor "Tomb Raider" gab es nur Action oder Adventure! Beides in Kombination in für damalige Verhältnisse reichlich weitläufiger 3D-Umgebung war revolutionär! -, sondern auch mit einer der ersten Spieleheldinnen heraus. Dabei war gerade diese eigentlich purer Zufall. Der Erfinder und Lead Designer Toby Gard ist bis heute ein riesiger Fan der Indiana Jones Filme, was man dem Spiel auch anmerkte. Die ganze Geschichte war ursprünglich auf eine männliche Hauptfigur ausgelegt, die dann auch noch Hut und Peitsche schwingen sollte. Der damalige Chef von Core sah sich schon in der amerikanischen Anklagehölle in einem Prozess gegen LucasFilm - und wer will schon freiwillig einen Lizenzprozess gegen George Lucas und Steven Spielberg führen??? - und redete auf Gard ein bis dieser die Hauptfigur änderte. Dabei war selbst der Name Lara Croft eine Notlösung, die sich Gard mit dem berühmten, blinden Finger aus einem londoner Telefonbuch heraussuchte und zu allem Überfluss noch die echte Adresse übernahm. Seither bekommt die echte Lara Croft, ebenfalls wohnhaft in Surrey, London, wohl unangebracht viel Fanpost.


Das änderte jedoch nichts daran, dass diverse Feministen( und _innen) Toby Gard entweder in die Hölle von Alice Schwarzer wünschten, wo er für sein (absichtlich karrikiertes) Frauenbild schmoren sollte oder man erhob ihn zum Kämpfer der Frauenrechte, weil seine Lara Männer verprügelt, Schätze findet und ständig die Welt rettet. Beide Thesen ämusieren den guten Mann in diversen Interviews zur genüge. Das Einzige, was Gard zu seiner Lara sagt ist: "Ich fand die Idee lustig." Kein Wunder, immerhin war das Konzept männlich und bis dato hatte es in der rustikalen Männerwelt der Computerspiele Frauen nur gegeben, um sie zu retten. (man denke an die diversen Prinzessinen aus "Super Mario" oder "Prince of Persia")

Lara Croft hingegen wurde zu einem Selbstläufe, den weder Toby Gard noch die schimpfenden Feministen vorraus sehen konnten. Besonders markant daran, dass es vor allem Mädchen waren, die sich mit der pfiffigen und zum Vandalismus neigenden Lara Croft identifizierten. Auch in meiner Klasse war das damals so. Coole Mädchen wollten nicht Prinzessin sein, sie wollten Lara Croft sein, Abenteuer erleben und Schurken vermöbeln! Vielleicht war es auch gerade dieses karrikierte, so offensichtlich sexistische Frauenbild, dass uns Mädchen damals so viel Spaß machte. Warum sollten nur Macho-Actionhelden in der Lage sein die Welt zu retten? Und warum regte es Feministen so auf, dass Mädchen an diesem Rollentausch Spaß hatten? Denn eines der ewigen Argumente gegen "Tomb Raider" war in der Tat das Frauenbild der Figur Lara Croft. Was dabei leider niemanden auffiel war, dass es kein Frauenbild war. Im Grunde war Lara Croft ein Trasvestit: ein Mann im Frauenkörper. Über einen weiteren Indiana Jones hätte man sich sicherlich nicht die Mäuler so zerrissen.

Die Figur prägte die Medien Film, Fernsehen, Literatur und natürlich Computerspiele in den nächsten Jahrzehnten und kaum eine Figur wurde so von Außen zum Objekt gemacht und so oft kopiert. Es war der helle Wahnsinn! 

Gleichzeitig erfanden findige Redakteure einen neuen Typus Mensch: das Zockerweibchen!

Tatsächlich war der Begriff lange abwertend gemeint, denn Frauen die Computerspiele spielten und noch dazu ihre helle Freude am Actiongenre hatten - da konnte etwas doch nicht stimmen! Zockerweibchen galten unter Spielern als "Mannweiber" und somit nicht als echte Frauen, denn echte Frauen - das wussten die Herrschaften von Mutti - sitzen stundenlang nicht am Rechner und spielen "DooM", "Tomb Raider" oder "Diablo", sondern backen Kuchen für den Mann der am Rechner sitzt und stundenlang "DooM", "Tomb Raider" und "Diablo" zockt! 

Mit anderen Worten: Es war plötzlich verkehrte Welt in der sonst so geordneten, männlichen Welt der Computerspieler. Und sie wurde noch wirrer ... als Frauen schließlich auf LAN-Partys gingen und damit angaben wie nen Rocket Jump in "Unreal" machten. Eine vormals rein männliche Disziplin!

Ja, in den späten 90ern war es nicht einfach ein Mann zu sein! 

Heute ist nicht mehr viel dabei als Frau zu spielen, auch wenn wir rein statistisch, was den Konsum von Pizza und Killerspielen betrifft, die Männer schon längst überholt haben. Der durchschnittliche, männliche, deutsche Spieler ist laut einer Umfrage der PC Games ja ohnehin eher der rustikale "Siedler"-Typ. Frauen dagegen spielen "Call of Duty" und geben mit ihren Abschusslisten an. So kann's gehen!

Trotz allem hält die Feminismusdebatte bis heute an. Das schlimme an dieser Debatte ist nicht ihre Existenz, sondern, dass Feministen den Frauen erklären welche Darstellungen von Frauen sie jetzt gefälligst sexistisch zu finden haben. Da ist dann die Frage angebracht, ob ich keine Frau bin oder ob die Feministen einfach nur so humorlos sind, dass sie eine Satire nicht erkennen, wenn sie sie sehen. Neulich etwa wurde versucht mir zu erklären, warum ich das Frauenbild in der GTA-Serie gefälligst abstoßend zu finden habe ... für mich ist "Tomb Raider", aber auch Serien wie "GTA", "Duke Nukem" oder die berüchtigten "Larry"-Adventures eine eindeutige Satire auf alles, was je mit Sexismus in Verbindung gebracht wurde. Ohne es zu merken werden die meisten Feministen dann Teil dieser Satire, weil sie den Sinn offenbar nicht erkennen. Schade eigentlich.