Der Pyramid Head und die Psychologie des Schreckens



Der Pyramid Head ist für den Survivelhorror-Gamer, was für den Filmfan Freddy Kruger ist. 

Erstmals tauchte der pyramidenköpfige Schlachter in "Silent Hill 2" auf, wo er als Reikernation des Unterbewusstseins der Hauptfigur James Sutherland sein Unwesen trieb. Dank geschickter Schockeffekte treibt dieser noch heute so manchem Spieler den Schweis auf die Stirn, aber nicht nur deshalb.

Der Pyramid Head avancierte schnell zur beliebtesten Figur des Silent-Hill-Franchise und bekam demnach auch einen Platz in den Verfilmungen ebenjener. Später entschloss man sich bei Konami sogar für ein Wiederauftauchen des Schlachters im 5. Teil der Serie "Homecoming", der sich jedoch stark an dem Film von Christoph Gans orientierte.

Das wurde von vielen Fans übel aufgenommen, denn der Pyramid Head, und das ist wichtig, ist und bleibt eine Phantasiefigur von James in "Silent Hill 2", weshalb er theoretisch auch weder im Film noch in Nachfolgespielen etwas zu suchen hat. Deshalb soll es auch hier vorrangig um den Horror und seine Bedeutung in "Silent Hill 2" gehen. Ebenjener Teil wird von vielen Fans, auch von mir, als der beste Teil des gesamten Silent-Hill-Franchises erachtet. Warum und weshalb, dazu komme ich noch.

Anders als viele andere Teile der Reihe ist SH2 psychologisch sehr klug aufgebaut. Zunächst fährt James in das vernebelte Silent Hill, um seine vor Jahren verstorbene Frau wiederzufinden, weil dieser einen Brief von ihr erhalten hat. Dort findet er zunächst erst einmal unförmige Monster und ein verlassenes Arpartment. Hier, bereits ziemlich kurz nach Spielbeginn trifft James das erste Mal auf die Erscheinung des Pyramid Heads. Dieser vergewaltigt in dieser Szene Schaufensterpuppen und verschleppt sie. Eine verstörende Szene, die jedoch noch nicht erklärbar ist, da James Hintergrund noch nicht klar verortbar ist. Was der Spieler hier noch nicht weiß ist, dass James seine Frau auf dem Sterbebett vergewaltigt hat und der Pyramid Head die gewalttätige und dunkle Seite seines Unterbewuisstseins ist. Die Vergewaltigungsthematik wird durch den Pyramid Head immer wieder nach oben gebracht. Oft genau dann, wenn James versucht sie zu verdrängen. 

Gleichzeitig erscheint wenig später mit Maria eine weitere unterbewusste Figur von James im Spiel. Maria sieht aus wie James Frau Mary, allerdings so wie James sich seine Frau vorstellt und nicht wie sie war. Während des Aufenthaltes im berüchtigten Krankenhaus von Silent Hill wird Maria auf der Flucht vom Pyramid Head getötet und dieser Teil von James Seele gefangen genommen von seinen dunklen Trieben, vom Pyramid Head. 

Deshalb taucht Maria zwar später nochmal auf, was bei James für reichlich Verwunderrung sorgt, doch stets in der Rolle der Gefangenen. Einmal im Tolouca Gefängnis und einmal am Ende in der zum Schlachthaus des verzerrten Version des Hotels, wo der Pyramid Head, also James schlimmste aller Wahnvorstellungen, Maria ein zweites Mal endgültig tötet. 

Die beiden konkurrierenden Holluzinationen "Pyramid Head" und "Maria" führen einen so durch das ganze Spiel, allerdings so, dass James und der Spieler ihren Zweck erst am Ende entdeckt. Schließlich bringt James die Kraft auf auch den Pyramid Head zu töten und seiner Frau Mary in seinen Erinnerungen gegenüber zu treten. 

Ein weiterer Teil von James Psyche ist die Figur des Billie, der so wiederwärtig, fett und ungehobelt daherkommt, dass er von Anfang an abstößt. Es ist der zwar weniger gewalttätige dafür niederträchtige Teil von James, der da immer wieder aiftritt und für Verwirrung sorgt.

So wird offenbar, dass der wahre Horror des Pyramid Head nicht ist, dass er immer wieder überraschend auftritt und für den Spieler nicht besiegbar ist (sprich; es hilft nur weglaufen, so wie James immer vor seinen Ängsten wegläuft), sondern, dass das gesamte Spiel nur in James Kopf abläuft. D.h. der blutige Horror des Spielgeschehens wird psychologisch übertragen auf die Hauptfigur und damit auf den Spieler. 

Auch werden die Spielumgebungen von Mal zu Mal grotesker. Gerade der Gefängnisabschnitt hat es in sich. So sehen nicht nur die im Speiseraum herumliegenden leichen alle aus wie James und die Räume enden in tiefen Löchern, die den Spieler quasi in die Dunkelheit von James eigenen Gedanken herunterziehen bis man schließlich in desser widerwärtigsten Vorstellungen wieder herauskommt.

Ein Geniestreich, der Konami in der Serie nie wieder so gelungen ist, denn SH2 ist die absolute Ausnahme in einer Reihe, die sich immer stark auf die okkultistischen Hintergründe des namensgebenden Ortes beruft, seine Charaktere jedoch oft farblos erscheinen lässt. Umso greller leuchtet der abgründige Psychoterror des Pyramid Heads und all der anderen halluzinierten Schrekensgestalten, die über Stunden auf den Spieler einströmen. Das ist auch der Grund für die Beliebtheit des Pyramidenkopfes. Er ist in seiner Funktion und psychologischen Bedeutung für die Serie einzigartig.